Die Macht der digitalen Monopole

Während im 19. und 20. Jahrhundert einige große Finanz-, Öl-, Industrieunternehmen wesentliche Teile der Wirtschaft dominierten, sind in nur wenigen Jahrzehnten oder auch nur wenigen Jahren Digitalkonzerne entstanden mit einer noch nie dagewesenen Börsenbewertung und einer (fast) weltweiten Nutzung. Mittlerweile ist nicht nur über die Hälfte der Weltbevölkerung „online“, sondern die Menschen nutzen auch ein oder mehrere Dienste einer dieser Unternehmen. Apple und Microsoft, Amazon und Alibaba, Facebook und Tencent – das sind die Ölbarone und Finanzmogule des 21.Jahrhunderts. Dabei gab es wohl in der Geschichte noch nie eine solche Dominanz und Monopolisierung.

Neben den wissenschaftlichen Definitionen und Abgrenzungen von Marktstrukturen, mache ich hier mal meine eigene Abgrenzung: Sie haben eine wesentliche Marktmacht (ab etwa ca. 40% Marktanteil) und können Standard setzen. Ab ca. 60% Marktanteil werden diese inoffizielle Standards allgemein als Normalität akzeptiert. Bei 95% Marktanteil fragt man sich, ob es noch was Anderes gibt. Selbst wenn die 2 größten Anbieter zusammen über ca. 90% Marktanteil haben, agieren die restlichen Anbieter meist nur noch unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Zielgruppe.

Für eine echte Herausforderung fehlen diesen Nischenunternehmen meist die Mittel. Somit bleibt ihnen nur noch die Chance, aber auch die Möglichkeit, mit geringen ökonomischen Mittel umso ideenreicher die Underdogposition richtig und kompromisslos auszuspielen. Manchmal ergeben sich auch in einer unterlegenden schwachen Position heraus Chancen. Der Markt ist nicht fix, sondern stetig im Wandel und wer sich ausprobiert und kühn Chancen ergreift, kann sogar etablierte Märkte bewegen.

Dabei basiert der Erfolg dieser Unternehmen nicht unmittelbar auf irgendwelche großartigen patentgeschützen Erfindungen, sondern vielmehr auf die Bequemlichkeit und den Herdentrieb der Nutzer. Offiziell wird dann von Plattformeffekte bzw. Netzwerkeffekte gesprochen.

Die größten (digitalen) Monopolisten (alphabetisch sortiert):

  • Alphabet(USA; Suchmaschine Google, Videoplattform Youtube, mobiles Betriebssystem Android, Cloud- und andere Webdienste und damit generierte Werbeerlöse)
  • Amazon (USA; Clouddienst und Internetversandhandel)
  • Alibaba (China; Internethandel)
  • Apple (USA; Computer- und Smartphonehersteller (iMac, iPhone) mit einen eigenen digitalem Ökosystem itunes, etc.), steht zwar mit seinen Produkten und Dienstleistungen anderen auch größeren Wettbewerber im Wettbewerb, hat dann einen kleineren Marktanteil (iOS vs. Android), besitzt jedoch eine solche starke Marktposition eben weil die Nutzer weder Wechseln können noch wollen)
  • Faceboock (USA; Social Media (Facebook selbst, Whatsapp, Instagram) und damit generierte Werbeerlöse),
  • Microsoft (USA; Betriebssystem und Officesoftware) – etablierter Monopolist
  • Tencent (China; Wechat (Kurznachrichtendienst mit Bezahlfunktion, etc.))
  • weitere: AirBnB und Uber (USA, Discruption bestehender „analoger“ Märkte durch Digitalisierung, hier Übernachtungen und temporäre Beförderung)

Apple und Microsoft wurden in den 70er Jahren gegründet und sind trotzdem die Ältesten dieser digitalen Herrscher. Xerox und andere Pioniere kennt kaum noch jemand. IBM versucht zwar mit der KI „Watson“ an die alte Stärke anzuknüpfen, es wird vielleicht jedoch nur Hoffnung sein. Facebook aber auch Tencent haben eine so enorme Wachstumsgeschwindigkeit gehabt, die es wohl vorher in der gesamten Menschheitsgeschichte wohl noch nicht gab. Wo sind die alten Öl-Barone und Automobilgiganten des vergangenen Jahrhunderts. Die Techkonzerne nehmen ihre Spitzenplätze ein.

Aber warum sind diese Techgiganten so erfolgreich? Es sind Hersteller, Händler bzw. Vermittler oder einfach auch nur Werbeplattformen. Eigentlich ganz einfache Unternehmen mit einem ganz simplen Geschäftsmodell – die es geschafft haben, dass eben viele Menschen sie nutzen. Die Möglichkeiten der schnellen Skalierung dieser Modelle machte aus kleinen Startups innerhalb weniger Jahre Konzerne bei denen wir uns mittlerweile fragen, wie es zuvor ohne diese Anbieter überhaupt machbar war zu handeln, zu kommunizieren, sich zu beschäftigen. Und gerade dieser Effekt mach sie so wertvoll.

Es gibt Alternativen und die Geschäftsmodelle der defacto–Monopolisten sind weder technisch noch juristisch gegenüber Nachahmern geschützt. Sicherlich sind ihre Marken und ihre Softwarecodes geschützt, aber das ist nicht entscheidend. Selbst die Kapitalausstattung ist kein absolutes Hindernis. Und trotzdem sind diese Unternehmen eigentlich nicht mehr angreifbar.

Oder doch? – Vielleicht könnte manch ein begabter Schüler oder Student das nächste Facebook oder Whatsapp programmieren oder eine Handelsplattform aufbauen. Und trotz aller verfügbaren Ressourcen, wäre es recht unwahrscheinlich, dass die Welt in 3 oder 5 Jahren kein Facebook, Google oder Amazon mehr nutzen würde. Warum? Weil die wichtigste Ressource dieser Konzerne nicht sie selbst sind, sondern ihre Nutzer und Kunden, die ihnen Aufmerksamkeit geben. Diese Menschen haben ihr Verhalten auf diese Konzerne so sehr ausgerichtet (bewusst oder unbewusst, gewollt oder auch nicht), dass es nun zu einer Symbiose gekommen ist.

Es ist zu einer freiwilligen Abhängigkeit geworden. Selbst wenn gefühlt es eine gegenseitige Partnerschaft ist, so ist es jedoch letztendlich eine einseitige Zweckbeziehung. Die Enttäuschung kommt vielleicht irgendwann. Noch jedoch ist es wie bei Teenies mit der rosaroten Brille, trotz aufgedeckten Problemen und Skandalen – der Beziehung kann nichts stören.

Und selbst wenn es scheint, dass alles perfekt ist, so besteht trotzdem aus der bloßen Tatsache einer einseitigen Machtfülle die Gefahr, dass diese Macht ausgenutzt werden könnte. Bei einigen Konzerne sind es Milliarden Betroffenen.

Selbst wenn es zu Enttäuschungen kommt, so sind es selten die Plattformen selbst, die als Verursachen oder Förderer erkannt werden. Die Sanktion – also die Kündigung bzw. die Beendigung folgt meist nicht. Und genau hier liegt der 2. Grund für den Erfolg der digitalen Monopolisten. Es ist die Bequemlichkeit der Nutzer selbst: die Kontakte, die man verlieren würde; die Merklisten an Produkte, die man mal so interessant fand; den Zugang zu Gruppen, die es so organisiert offline oder auf anderen Plattformen eben nicht gibt. Bequemlichkeit ist der beste Schutz Nutzer eben nicht zu verlieren und deshalb investieren diese Unternehmen soviel in Convenience beziehungsweise User Expierence.

Die Internetnutzer sollten sich trotz den schönen Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten nach Alternativen umschauen. Weniger Aufmerksamkeit den Giganten und mehr den Alternativen. Nur so ist es möglich diese Machtkonzentration zu reduzieren und ein vielfältiges digitales Ökosystem mit hoher Diversität zu schaffen. Das das möglich ist, beweisen die Beispiele MySpace und Yahoo, welche in den 00er Jahren zu den Größten zählten bzw. die Größten waren und mittlerweile keine wesentliche Rolle mehr spielen.

Ohne Wettbewerb gibt es geringe bis keine Notwendigkeit für Innovationen. Die Dinge einfach laufen lassen – sie funktionieren schließlich. Um den Gewinn zu maximieren werden die Kosten gespart. Somit kommt ein bisher hoch innovative Bereich zum Stillstand. Deshalb ist es notwendig Alternativen zu haben. Nur so haben die Nutzer eine Wahl. Gibt es zwei oder mehrere Wettbewerber, so wird mindestens einer auf die Nutzerwünsche eingehen. Diesen Vorteil kann er nutzen, die anderen müssen anschließend folgen. Dies war z.B. bei der Verschlüsselung von Instant Messenger der Fall. Signal und Threema waren vor Whatsapp verschlüsselt. Nicht nur Whatsapp folgte daraufhin.

Es bedarf Mut Neues zu versuchen. Wenn es viele andere machen, so verlieren die Monopolisten an Einfluss und Macht. Die Nutzer und die Gesellschaft können nur davon profitieren.