Schöne neue digitale Gesellschaft – Fragen der Finanzierbarkeit

Es wird schneller passieren, aber langsamer als die digitale Propheten es herbei reden wollen. Eigentlich wird es auch nicht so einfach passieren, sondern vielmehr wird „Zukunft“ gestaltet. Nicht von allen. Eigentlich nur von einigen Wenigen – jeder mit einem kleinen Beitrag. Der aber in Verbindung mit den vielen anderen kleineren Beiträgen zu solchen gewaltigen Umbrüchen führt, die man „Industrielle Revolution“ nennt. Aktuell ist es der Megatrend um Automatisierung, Digitalisierung, Künstlerische Intelligenz (KI oder auch AI).Für jeden sichtbar wird dies, dass Autos nicht mehr Fortbewegungsmittel, die man besitzt, mehr sind, sondern quasi mobile Smartphones auf Rädern, die man nach Bedarf nutzt und bezahlt (Sharing Economy). Selbst die „eigenen vier Wände“ werden smart mit digital gesteuerten Schlössern, Fenster, Heizung und natürlich dem Medien- und Entertainmentcenter.

Aber auch die Arbeitswelt verändert sich. Nicht nur dass immer mehr Menschen mit Computern oder anderen digitalen Geräten arbeiten, sondern die Massenproduktion wird automatisiert. Nach den Jahren der Abwanderung kommen sogar manche Hersteller zurück aus den fernen Billiglohnländern („Reshoring“). Bei einer automatisierten Produktion fallen die Lohnkosten eben nicht mehr so ins Gewicht, wie der Vorteil, dass man geringere Transportkosten hat und näher am Markt ist.

Die vielen Menschen in Deutschland können sich wohl auch nicht die negativen Folgen von Massenarbeitslosigkeit (mehr) vorstellen. Die Zeiten der Produktionsverlagerungen und Werksschließungen sind Jahrzehnte her und die Schließung von Großunternehmen, die ganze Regionen prägten, von der jüngeren Generation nicht mehr erlebt. Und doch könnte es auch Deutschland, trotz Vollbeschäftigung und Facharbeitermangel, und ganz Europa treffen. Dienstleistungen und Waren wird es weiterhin geben. Nur die Sozialsysteme können diesen Umschwung, dann nicht mehr leisten. Das (bedingungslose) Grundeinkommen ist vielleicht eine Lösung. Aber wie finanzieren? Ein nur durch Arbeit erwirtschaftetes soziales Umlagesystem wird nicht in einer zunehmenden automatisierten Wirtschaft funktionieren. Die jetzige (Vermögens- und Einkommens-) Verteilungsungerechtigkeit ist meiner Meinung nur ein Vorläufer möglicher zukünftiger Szenarien.

Richard David Precht, der am 24.04.2018 bei Markus Lanz im ZDF sein neues Buch promoten durfte, hat drei Finanzierungsmöglichkeiten aufgeführt. Zuvor wurde aber mal wieder festgestellt, dass in Deutschland nicht nach Visionen und Lösungen, sondern meist zuerst nach dem Preis gefragt wird. Also,was kostet es? Bzw. wie wird es finanziert?

  • Einkommensteuer: dass heißt eine Umfinanzierung der Einkommen, wobei die Reichsten betriebliche oder ausländische Möglichkeiten nutzen werden, dem zu entgehen und somit die arbeitende „Mittelschicht“ die nichtarbeitende Bedürftigen finanziert. – Wohl kaum vermittelbar und deshalb nicht umsetzbar.
  • Maschinen- oder Technologiesteuer: klinkt ganz nett und scheint auch eine „greifbare“ Lösung zu sein, nur wie soll die Bemessungsgrundlage sein, wie kann diese wirksam erhoben werden und viele andere Fragen wären noch zu klären. Der Lobbyismus der Unternehmen und Verbände wird wohl auch dagegen Sturm laufen und die gewählten Volksvertreter dahingegen „beraten“, dass eine solche Steuer fortschrittsfeindlich ist und viele Arbeitsplätze kosten würde.
  • Finanztransaktionssteuer: verwundert bin ich über den Vorschlag einer Finanztransaktionssteuer, die Precht und auch der schweizerische Altvizekanzler und ehemalige Finanzminister Oswald Sigg (Mikrosteuer) befürworten, welche aber nach der Finanz- und Eurokrise seit etwa 2012 „zu den Akten“ gelegt wurde. Eine solche Steuer hilft vielleicht den Staat bei Spekulationsgeschäften mitverdienen zu lassen, jedoch würde möglicherweise eine solche Steuer auch die normalen täglichen Besorgungen betreffen. Bargeldgeschäfte wären dann ausgeschlossen. Also aus heutiger Sicht nicht umsetzbar. Ein weiterer für mich entscheidender Nachteil einer Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung auch eines Grundeinkommens ist, dass diese Steuer nicht die reale Wertschöpfung besteuert. Ein solches System endet meiner Meinung nach in einer Inflation. Und ob Finanztransaktionen wie z.B. der Hochfrequenzhandel an der Börse eine Wertschöpfung von Bänkern sind? Umverteilung von Kaufkraft – Ja; für moderne Wirtschaften und Märkte notwendig – sicherlich; aber Wertschöpfung? – meiner Meinung nach nicht. Es ist sehr schlecht durchdacht und kann nur dazu dienen weiterhin Zeit zu vergeuden, eine wirkliche Lösung zu akzeptieren.

Daneben war in dieser Runde bei Lanz auch der Vorschlag zu hören, dass das Bedingungslose Grundeinkommen jedem gezahlt werden sollte, Kindern, Studenten und Studentinnen, Arbeitern und Arbeiterinnen, Millionären und Millionärinnen – nicht verrechnend mit bisherigen Einkommen, sondern zusätzlich. Wie fatal soll das sein. Nicht nur, dass es ein gewaltiger Geldtransfer ist, man hat dabei nicht die Auswirkungen auf die Marktpreise von Dienstleistungen und Gütern berücksichtigt. Das „mehr“ an Einkommen führt zuerst zwar zu steigender Nachfrage, dann aber auch zu steigenden Preisen. Die z.B. jetzigen Lohn- und Gehaltsempfänger werden die gleiche Kaufkraft ihres Haushaltseinkommen mit Grundeinkommen haben wie zuvor ohne. Dem Studenten oder Arbeitslosen wird jedoch nicht geholfen, weil die besagten 1.500 € oder so, dann nur noch Kaufkraft von vielleicht der Hälfte darstellen und dies dann auch nicht ausreicht. Die Forderungen nach Mehr führt dann wieder in eine Spirale der Mehr-Inflation, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität wäre gefährdet. Also meiner Meinung nach, auch keine so gute Idee. Und dabei bin ich eigentlich, grundsätzlich und prinzipiell für ein Grundeinkommen in einem marktwirtschaftlichem System. Aber nicht für ein solches Modell – Grundeinkommen darf eben kein sicheres zusätzliches Einkommen für Alle sein.

Zurück zur Finanzierung – bevor das Geld, also Grundeinkommen, ausgegeben wird.

Wie bereits in meinem Post aus dem August des letzten Jahres, wäre eine Finanzierung über die Umsatzsteuer also eine Wertschöpfungsbesteuerung meiner Meinung nach die Beste aller Lösungen. Sicherlich, die Umsatzsteuer zahlt letztendlich der Verbraucher also die Betroffenen selbst. Sicher ist auch, dass die Umsatzsteuer von aktuell 19% auf 22-25% steigen wird. Ebenso müsste die Umsatzsteuer an die aktuelle Wirtschaft angepasst werden, so z.B. die Besteuerung von Umsatzleistungen, die aktuell von so manchen (digitalen, aber auch nondigitalen) globalen Konzernen in Niedrigsteuerländer transferiert werden. Somit wird sämtliche Wertschöpfung besteuert, ob nun digital und automatisiert oder traditionell.

Entscheidend ist jedoch die zweite Komponente: Die (anteilige) Verrechnung der menschlichen Arbeitskosten wie eine und zusätzlich zur bisherigen Vorsteuer mit der Zahllast. Zuerst nur die Sozialversicherungen (Kranken- und Pflegeversicherung, Renten- und Arbeitslosenversicherung, Berufsgenossenschaftsbeiträge), dann (ansteigend je nach Lage) auch mit den gezahlten Nettolöhnen. Somit zahlt quasi der Staat die Sozialversicherungen und dann auch noch die anteiligen Nettolöhne in Höhe der dann eingeführten Grundeinkommen oder auch mehr. Aber dass sollte für den Staat kein Problem darstellen, wenn (zeitlich) ein hoher Teil der Wirtschaftsleistung automatisiert von Unternehmen erbracht wird und wenn (konditional) der Staat mit den Einnahmen nicht mehr Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen staatlich organisiert, die eh dann nur noch geringen bis keinen Nutzen mehr generieren.

Den Unternehmen wird frei gestellt, ob sie Arbeitnehmer oder Roboter beschäftigen. Den Menschen wird jedoch ein Mindesteinkommen durch Arbeit oder staatlichen Transfer bedingungslos sichergestellt, welchen einerseits ihr Überleben (Wohnen, Nahrung) aber auch ihr Leben (Kommunikation, soziale Interaktion und Integration, Bildung, kulturelle und soziale Teilhabe sicher stellt. Den letztendlich wird in einer automatisierte Ökonomie so sichergestellt, dass die Unternehmen überhaupt Kunden haben werden und der Staat weiterhin Steuereinnahmen. Er sichert somit das Wirtschaftssystem wie wir es kennen: mit Märkten, Unternehmen, Kunden, Handel und einen steuerfinanzierten Staat.

Außerdem sollte man ein positives humanistisches Bild auf die Menschen und der Gesellschaft im Allgemeinen haben. Die Menschen wollen sich beschäftigen, sie wollen tätig sein, sie wollen kreativ schaffend sein. Und anderseits müssen Unternehmen dann einen faireren Lohn zahlen, denn es gibt eine sichere Alternative – ohne Zwang, Unterdrückung, Schikanen. Und es wird immer Menschen geben, die dann bereit sind zu arbeiten, aus der Gier heraus oder ökonomisch besser dar zustehen als ohne bezahlter Tätigkeit. Insofern ändert sich auch weniger. Selbst der Staat erhält vom System her weiterhin eine Einkommenssteuer wie bisher.

Was wären die Alternativen: eine geldlose Gesellschaft, in der es fast nur noch kostenlose Waren und Dienstleistungen gibt (Roddenberry‘s Vorstellung des 24.Jh.) oder eine extreme kapitalistische Gesellschaft mit sehr extremer Vermögenskonzentration und einem eigentlich nicht mehr funktionierenden Saat. Das eine ist utopisch, das andere sollte man sich nicht wünschen, selbst wenn man der unermesslich Reichste wäre.

Aber noch sind wir nicht so weit. Noch Rätzeln sogenannte Experten nach der richtigen Lösung. Vielleicht gibt es bereits meine oder eine ähnliche Lösung in irgendeiner „Schublade“ und wird nur noch nicht aktiviert, weil politische, ökonomische oder ideologische Gründe dies verhindern. Stattdessen wird Zeit vergeudet. Meine Idee kann schrittweise umgesetzt werden. Der Systemwechsel bzw. Erweiterung von einer Besteuerung der Arbeitswertschöpfung zu einer gesamten Unternehmenswertschöpfung mit gleichzeitiger Finanzierung der in einer Marktwirtschaft notwendigen ökonomischen Basis, ist dem aktuellen technischen Fortschritt angepasst. Denn der Fortschritt – und dass wussten schon viele Berühmtheiten vorher – lässt sich nicht aufhalten.