Wacht auf! Der Technologietsunamie kommt.

Wacht auf! – Der Technologietsunamie kommt. Durch die zunehmenden Technologisierung durch Digitalisierung fast aller Lebensbereiche (Kommunikation, SmartCities, autonomes Fahren, Künstliche Intelligenz, etc.) und Automatisierung der Produktionen wird sich das gesellschaftliche Leben wie wir es kannten und jetzt noch leben dramatisch verändern. Sicherlich ist Wandel per se nicht schlecht. Es wird zu weiteren Fortschritt kommen, der hoffentlich mehr Freizeit, Sicherheit und einen höheren Lebensstandard für alle bringt. Das dieser Wandel allerdings auch mit Gefahren verbunden ist, davor warnen bereits nicht nur zahlreiche Technikvisionäre (Steve Wozniak (1), Applegründer), Wissenschaftler (Stephen Hawkings (2)) und Technologieunternehmer (Bill Gates, Elon Musk (3)), sondern auch verschiedene Medien wie z.B. in einem Artikel bei Spektrum (4) oder T3N.de (5).

Mehr oder weniger intelligente Technologien sind aktuell im Entwicklungsstadium oder in der Kleinserie. Relativ einfache Rasenmäh- und Reinigungsroboter sind bereits auf dem Massenmakt (aktuell bei Tchibo: Saugroboter „Relax Plus“ oder der Staubwischroboter „ViROBi“). Amazon hat sich sein eigenes Roboterunternehmer (Kiva Systems) für Lagerlogistik im März 2012 gekauft (6). Und bei IKEA und anderen Unternehmen sind ebenso (Lager-) Roboter im Einsatz (7).

Um beim Beispiel Lagerlogistik zu bleiben: Relativ wenige hochqualifizierte Arbeiter für die Programmierung und Herstellung dieser Logistikroboter sowie eine handvoll Techniker vorort zur Wartung genügen um all die tausenden eher niedrig qualifizierten Arbeiten zu entmenschlichen. In den bisherigen Industrierevolutionen wurden diese freigesetzten Arbeiter durch Qualifizierung auf bessere Arbeitsplätze in der Industrie oder im Dienstleistungssektor verteilt. Ob jedoch die Industrie- und Dienstleistungsunternehmen dies auch in Zukunft tun werden, ist eher zweifelhaft, denn die Technisierung betrifft sämtlichen Branchen.

Was wird also passieren? Der Zinsexperte der Deutschen Bank in New York Aleksandar Kocic stellte in einer Analyse fest (8), dass “zum ersten Mal seit der Industriellen Revolution neue Technik mehr Arbeitsplätze vernichtet als sie schafft”. Er beschreibt hierzu folgendes Szenario (vereinfacht):

  1. durch die Technologisierung der Produktion werden mehr Menschen arbeitslos und / oder schlechter bezahlt,
  2. um noch konsumieren zu können, verschulden sich viele,
  3. durch Schuldzinsen sinkt ihr verfügbares Einkommen bzw. muss durch Mehrarbeit ausgeglichen werden,
  4. durch Mehrangebot in einem sinkenden Markt (Übernachfrage nach Arbeit) fallen die Arbeitspreise (=Löhne),
  5. Wandel vom Angebotsmarkt zum Nachfragemarkt (vom Arbeitnehmermarkt zum Arbeitgebermarkt), die Wettbewerbsintensität steigt.

Die weiteren Folgen könnten die Zunahme von sozialem Stress, persönliche als auch allgemeine Unzufriedenheit sowie das Gefühl zunehmender Ungleichheit sein. Dies könnte dann zu sozialen Unruhen führen, wenn die Grundbedürfnisse (Nahrung, Wohnen, Sicherheit, soziales Miteinander) bedroht sind.

Dem Autor des Heise.de-Artikels Stefan Mey ist jedoch die Erkenntnis nicht neu. Er erinnert sich an Constanze Kurz vom Chaos Computer Club, die auf einem Gewerkschaftskongress im Herbst 2014 fragte: „wie die Automatisierungs-Dividende sozial verträglich verteilt werden kann?“ Des Weiteren hat CCC-Sprecher Frank Rieger bereits 2012 das Problem so beschrieben: “Die Menschen konkurrieren mit immer geringeren Löhnen gegen immer billiger arbeitende Automaten.” Das triff wohl auf das aktuelle Technologie-Arbeit-Dilemma am besten zu.

Das Problem ist erkannt. Constanze Kurz und Frank Rieger haben hierzu das Buch „Arbeitsfrei“(9) veröffentlicht. Ebenso ist bereits die Lösung einer gerechten Verteilung dieser Automatisierungsdividenden in verschiedenen Artikeln (z.B. FAZ.de (10)) publiziert worden.

Die Gesellschaft und insbesondere ihre politischen Eliten sind aufgerufen zu handeln. Sie sollten beginnen die Steuer- und Sozialsysteme „technologiesicher“ zu machen. Je früher, desto besser. Mit einer Technologiesteuer oder -abgabe könnten so die Automatisierungsgewinne in einem gesellschaftlich vereinbarten Maß sozialisiert werden. Diese Umlage sollte dann mit dem Grad der technischen Wertschöpfung steigen, mit welcher die menschliche Arbeitswertschöpfung verdrängt wird.

Bedauerlicherweise wird dies leider nicht geschehen – bzw. nicht von alleine. Der gesellschaftliche Druck muss erst groß genug sein. Deshalb ist die Sensibilisierung für den zukünftig stattfindenden Wandel des Arbeitsmarktes durch die Technologisierung so wichtig. Denn nur wenn die Steuer- und Sozialsysteme den zukünftigen Produktionsrealitäten angepasst werden, wird es wohl weniger soziale Spannungen geben und soziale Aufstände können vermieden werden. Dies sollte auch im Interesse der Technologieeigner sein, denn nur so schaffen sie sich stabile Märkte, Sicherheit und Freiheit, die nicht nur Frank Rieger oder Aleksandar Kocic von der Deutschen Bank gefährdet sehen.

Empfehlung: Frank Rieger, “Automatisierungsdividende für alle – Roboter müssen unsere Rente sichern”, veröffentlicht auf FAZ.net, am 12.05.2012 (10).

Quellen:

  • (1) http://www.afr.com/technology/apple-cofounder-steve-wozniak-on-the-apple-watch-electric-cars-and-the-surpassing-of-humanity-20150323-1m3xxk
  • (2) http://www.tagesspiegel.de/wissen/kuenstliche-intelligenz-stephen-hawking-sieht-die-menschheit-bedroht/11069712.html
  • (3) http://www.onlinewelten.com/games/netzweltgeschehen/news/kuenstliche-intelligenz-internet-dinge-ende-menschlichen-zivilisation-128216/
  • (4) http://www.spektrum.de/news/muessen-wir-uns-mehr-mit-kuenstlicher-intelligenz-auseinandersetzen/1356240
  • (5) http://www.t3n.de/news/digitalisierung-587646/
  • (6) http://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/logistik-spezial/online-versandhaendler-amazon-uebernimmt-hersteller-von-lagerhaus-robotern/6348536.html
  • (7) http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/automatisierte-systeme-veraendern-lager-wirtschaft-a-847701.html
  • (8) http://www.heise.de/newsticker/meldung/Banker-Analyse-Technische-Innovation-frisst-Arbeitsplaetze-auf-2749566.html
  • (9) http://www.randomhouse.de/Buch/Arbeitsfrei-Eine-Entdeckungsreise-zu-den-Maschinen-die-uns-ersetzen/Constanze-Kurz/e438314.rhd?mid=5&serviceAvailable=true#tabbox
  • (10) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/automatisierungsdividende-fuer-alle-roboter-muessen-unsere-rente-sichern-11754772.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2