Kategorie: Politik

  • Unwort des Jahres 2012

    Das Unwort 2012 „Opfer-Abo“ (1) wurde vor Kurzem auf einer Pressekonferenz der TU Darmstadt bekannt gegeben. Dieses Wort stammt aus einem Spiegel-Interview mit dem Wettermoderator Jörg Kachelmann, der der Vergewaltigung an Einer seiner ehemaligen Freundinnen angeklagt war. Die Plätze 2 und 3 belegten übrigens die Wörter „Pleite-Griechen“ und „Lebensleistungsrente“. Das Unwort wird wird von einer Jury bestehend aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten ausgewählt. Dabei kann jeder selbst Vorschläge einreichen (Unwortvorschläge an folgende E-Mail: vorschlaege@unwortdesjahres.net).

    Meiner Meinung nach hätte jedoch ein anderes Unwort gewählt werden können: Entsolidarisierung. Ein Unwort, welches trotz der aktuellen relativen guten Konjunktur immer mehr Menschen betrifft.

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  • Das Spritpreisdrama

    Alljährlich wird in den Medien (1) kurz vor Ostern der gestiegene Preis für Diesel und Superbenzin beklagt. Autofahrer werden gezeigt, die sich wundern oder auch nicht mehr wundern, warum die Preise wieder gestiegen sind. Experten stellen den Zuschauern oder Lesern dar, welche Gründe es für die gestiegenen Preise diesmal gibt (irgendwelche Krisen, Wechselkursschwankungen, die Konjunktur hier oder alternativ auch weit weg – egal irgendetwas muss herhalten). Letztendlich profilieren sich auch mal wieder Politiker – bevorzugt der Opposition oder/ und der zweiten und dritten Reihe – mit Forderungen für niedrigere Preise.

    Egal, ob private Verbraucher oder auch Unternehmer, sie sind in unserer mobilen Welt auf das Auto oder den LKW direkt oder eben indirekt angewiesen. Die Alternative „Bahn“ konzentriert sich zunehmend nur noch auf den Überregionalen Verkehr, so dass die ländlicheren Bewohner so oder so auf´s Auto angewiesen sind. Und die Alternative Fahrad ist zwar gut, gesund und günstig, allerdings im Großstadtverkehr auch ganz schön gefährlich und die Radwege in ländlichen Regionen, falls welche vorhanden sind, werden auch nicht so betreut, wie es oftmals gewünscht wird. Der mobile Mensch ist auf ein motorisiertes Fahrzeug außerhalb der Metropolzentren angewiesen. Und somit auch auf den immer teurer werdende Treibstoff.

    In letzter Zeit wurden Autofahrer aber nicht nur mit immer steigenden Preisen konfrontiert, sondern auch noch mit ungewöhnlichen Preisveränderungen. Die gewohnten Wochentags- und Tageszeitveränderungen an den Preistafeln waren nicht mehr gültig. Preissprünge von mehr als 5 Cent oder Preisdifferenzen innerhalb einer Stadt oder Region von mehr als zum Teil 10 Cent irritierten die Meisten.

    Um nun wieder mehr Preissicherheit den Konsumenten geben zu können, präsentieren sich verschiedene Experten und Politiker mit ihren Modellen, die nun heiß diskutiert werden sollen. Das österreische Modell, also eine Preiserhöhung um 12:00 Uhr und Preissenkungen jederzeit, konkurriert mit dem Transparenzmodell aus Westaustralien, bei dem die Betreiber ihre Preise zentral melden und so jeder Konsument die Möglichkeit hat, über das Internet sich zu informieren.

    Wird sich jedoch an den eigentlichen Problemen der hohen Treibstoffkosten etwas ändern? Meiner Einschätzung nach wohl kaum. Stattdessen werden die Betreiber die Preise eben wegen den zusätzlichen Mitteilungsaufwendungen oder den Preisrisikokosten die Preise erhöhen. Dem Verbraucher nützt es so oder so nichts, den in beiden aktuell bekanntesten Alternativmodellen und wohl auch in allen anderen Modellen steigt der Preis kontinuierlich. Wer profitiert jedoch davon? Neben den Betreibern, (in Deutschland mit einenm relativ stabilen Markt mit fünf Großanbietern: Aral/BP, RoyalDutchShell, Total, Esso sowie Jet), doch wohl mit seinem Steueranteil der Staat selbst ist. Ein Preisrechner auf Aral.de zeigt den Steueranteil (Stand 29.03.2012): für 20 Liter Diesel á 1,539 €/l werden an der Kasse 30,78 € bezahlt, wovon Mehrwertsteuer, Energie- und Ökosteuer 14,39€ ausmachen bzw. ca. 47% oder 71,93 Cent je Liter betragen, und für Super E5 á 1,709€/l insgesamt 34,18 € entrichtet werden müssen bei einem Steuer- und Abgabenanteil von ca. 54,5% oder 93,11 Cent je Liter. Da der relative Anteil konstant bleibt, steigt natürlich das Steuer- und Abgabenaufkommen bei jeder Preiserhöhung mit. Die Betreiber geben die staatliche Zahllast an ihre Kunden weiter. Dem Finanzminister freuts und der Auto- und LKW-Fahrer muß bezahlen.

    Auch wenn Politiker ein neues Preissystem vorschlagen, so befürchte ich, wird wohl kaum eine Regierung ein Interesse an sinkenden Preise haben. Denn solange der Staat einen so hohen Steuer- und Abgabenanteil an den Treibstoffkosten hat, profitiert er doch selbst von den steigenden Preisen an den Tankstellen. Forderungen nach mehr Preisicherheit und -senkungen sind daher für „medial unterzuckerte“ Politiker und sonstigen Experten eine Chance auf sich aufmerksam zu machen, jedoch die Preise werden mit oder auch ohne politischem Eingreifen steigen.

    Quellen:

    • (1) spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,824668,00.html
    • (2) www.aral.de/aral/sectiongenericarticle.do?categoryId=9013265&contentId=7025891
  • Emotionen statt Änderungswille – der „Soli“ wird zum Wahlkampfthema

    In Nordrhein-Westfalen (NRW) wird am 13.Mai gewählt und bereits jetzt ist ein Wahlkampfthema in den Medien (z.B. Spiegel Onlline (1)): der „Soli“. Bei aller begründeten Kritik gibt es auch viele Vorurteile, Halbwissen und Fehlinformation, so dass die Diskussion mehr emotional als faktenbasiert geführt wird. So bezahlen alle Steuerzahlen den Aufschlag – auch in Ostdeutschland.

    Der Solidaritätszuschlag (2) ist eine Ergänzungsabgabe auf die Lohn-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuer und fällt nur dem Bund zu. Dieser verwendet ihn nicht zweckgegebunden, auch wenn der „Aufbau Ost“ im Vordergrund stand und steht. Eingeführt wurde der Soliaufschlag 1991 zur Finanzierung des Aufbau Ost mit dem Ziel (annähernd) gleiche Lebensverhältnisse und -qualität im gesamten Bundengebiet zu erreichen.

    Neben den zahlreichen Projekten, welche in den fünf neuen Bundesländer realisiert wurden, sind auch diverse Infrastrukturprojekte in den sogenannten alten Bundesländer verwirklicht worden, so z.B. die Autobahnenausbauten der A2, A9, A24 und diverse Bahnstrecken, welche natürlich die Mobilität dienen. Dass allerdings 20 Jahre nach der Einführung immer noch Milliarden abgeführt werden müssen, ist für viele nicht mehr nachvollziehbar. Insbesondere wenn man auf den zahlreichen neuen zum Teil fast leeren sechsspurigen Autobahnen nach Berlin fährt, während auf den Autobahnen im alten Bundesgebiet sich mal wieder der Verkehr staut und in den Städten die Straßen voller Löcher sind. Es wurden in den Medien auch von Brücken in Ostdeutschland berichtet, die keine Zufahrten hatten oder von neuen Häfen, ohne fahrbare Kanäle und Flüsse. Das solche Berichte Meinungen bilden, die für die Abschaffung des Solis sind, ist mehr als verständlich.

    Warum allerdings die Politiker und andere Eliten weiterhin an keine ernsthaften Anpassung interessiert sind, bleibt wohl schleierhaft verborgen. Welche Interessen verfolgen die Entscheider damit. Soll vielleicht der Frust gegen den Soli und damit den neuen Ländern geschürt werden? – Dabei ist eine Alternative doch so einfach. Selbst wenn die Einnahmehöhe und -procedere so bleibt, kann der Bund im Sinne der gleichen Lebensverhältnisse im Bundesgebiet die Verteilung gerechter, transparenter und nachvollziehbarer machen. Der Bund müsste einfach einen Kriterienkatalog entwerfen, der die wirtschaftliche Stärke bzw. Schwäche, die Zufriedenheit und die sozialen Chancen (beispielhafte unvollständige Nennung) bewertet, welche mit einer Gewichtung ergänzt werden kann. Die schwächsten (z.B.) 30, 40 oder 50 Prozent erhalten eine Förderungen, welche sich nach der Förderungsnotwendigkeit der genannten Kriterien richten.

    Die Erhebungseinheit sind nicht „Himmelsrichtungen“ oder Bundesgebiete, sondern Landkreise oder Stadtbezirke. Denn auch in Bayern gibt es strukturschwache Regionen, während man in einigen Teilen Ostdeutschlands, z.B.in Teilen von Potsdam oder um den neuen Flughafen BBI in Schönefeld bei Berlin ähnlich starke Regionen hat wie in in alten Bundesländer. So, werden die Kommunen im Ruhrpott genauso von den Förderungen profitieren wie in z.B. der Uckermark. Allerdings sollte nicht gehofft werden, dass nun ein Ende des „Aufbaus Ost“ mit diesem System eintritt. Denn solange die Arbeitslosenquote und das Einkommensniveau so niedrig in der Vielzahl der ostdeutschen Kommunen ist, werden auch weiterhin viele ostdeutsche Kommunen auf die Förderungen angewiesen sein.

    Die Umstellung auf ein neues Verteilungsmodell erreicht meiner Meinung nach eine bessere Akzeptanz in ganz Deutschland. Vielleicht ist dies der Schlüssel für eine deutsche Einheit, in der alle bereit sind, dass strukturschwache Landstriche von den wirtschaftlichen „Leuchttürmen“ unterstützt werden. Nicht jedoch weil sie´s müssen, sondern mit einem Verständnis für gleiche Lebensbedingungen in ganz Deutschland – so wie es zum Beispiel im Grundgesetz Artikel 107 Abs.2 (3) steht (des Weiteren: „gleichwertige Lebensverhältnis“ im Art. 72 Abs 2 GG (4) oder Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Art. 106 GG (5) sowie sozialer Bundesstaat im Art. 20 GG (6).

    Quelle:

    • (1) spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,822411,00.html
    • (2) de.wikipedia.org/wiki/Solidaritätszuschlag
    • (3) gesetze-im-internet.de/gg/art_107.html
    • (4) gesetze-im-internet.de/gg/art_72.html
    • (5) gesetze-im-internet.de/gg/art_106.html
    • (6) gesetze-im-internet.de/gg/art_20.html