Unwort des Jahres 2012

Das Unwort 2012 “Opfer-Abo” (1) wurde vor Kurzem auf einer Pressekonferenz der TU Darmstadt bekannt gegeben. Dieses Wort stammt aus einem Spiegel-Interview mit dem Wettermoderator Jörg Kachelmann, der der Vergewaltigung an Einer seiner ehemaligen Freundinnen angeklagt war. Die Plätze 2 und 3 belegten übrigens die Wörter “Pleite-Griechen” und “Lebensleistungsrente”. Das Unwort wird wird von einer Jury bestehend aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten ausgewählt. Dabei kann jeder selbst Vorschläge einreichen (Unwortvorschläge an folgende E-Mail: vorschlaege@unwortdesjahres.net).

Meiner Meinung nach hätte jedoch ein anderes Unwort gewählt werden können: Entsolidarisierung. Ein Unwort, welches trotz der aktuellen relativen guten Konjunktur immer mehr Menschen betrifft.

Die FDP hatte noch bei der letzten Bundestagswahl 2009 mit “Mehr Netto vom Brutto” geworben. Aber bei den vielen zusätzlichen Ausgaben sind die wenigen aber populistisch “verkauften” Reduzierungen wohl nur der sogenannte “Tropfen auf dem heißen Stein”.Ein Beispiel ist die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen von 19% auf 7%, während durch die Preissteigerungen von Diesel und Benzin Milliadenmehreinnahmen in den Bundeshaushalt fliessen. Dabei sind die Preissteigerungen bei Strom, Gas und Bezin/Diesel für Jeden eine Belastung.

Aber auch das einfache soziale Leben wird immer entsolidarisierter. Für Nettigkeiten und “Guten Willen” wird immer mehr eine gleichwertige Gegenleistung erwartet. Und trotz des Internets und der mobilen Kommunikation verschwinden in immer mehr Dörfern, Kleinstädte und in der Nachbarschaft viele Stammkneipen. Dabei waren sie die sozialen Treffpunkte.

Aber auch wenn man einfach nur im Straßenverkehr teilnimmt, so wird immer mehr die zunehmende Aggressivität offensichtlich. Zu schnelles Fahren und das zu dichte Auffahren auf den Vordermann sind nur Beispiele. Wenn PS-starke Fahrer erwarten, dass Kleinwagen ihnen sofort und unverzüglich Platz machen sollen, so ist das nicht nur Nötigung, sondern im Extremen führt dies zu einer sogenannten “Gefährdung im Straßenverkehr” (=Unfall).

Für mich beschreibt das Wort “Entsolidarisierung” die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung, in der jeder Einzelne verstärkt auf die Durchsetzung der eigenen Interessen bedacht ist und weniger auf ein soziale Miteinander. Trotz des in den vergangenen Jahrzehnten gewonnenen Wohlstandes und Sicherheit, nahm auch die Individualisierung zu. Aber ist die Gesellschaft nun zufriedener und glücklicher geworden? Vielleicht sollte es wieder eine Strömung zu mehr sozialer Teilnahme und Verantwortung geben bzw. auch von der Politik durch diverse Möglichkeiten ermöglicht werden.

Aber vielleicht kommt “Entsolidarisierung” auf die Vorschlagsliste für das Unwort des Jahres 2013. Ich fürchte jedoch, dass es harte Konkurrenz geben wird, denn im September sind Bundestagswahlen. Und zu diesem Großereignis wird es in diesem Jahr bestimmt noch zahlreiche weitere “Unwörter des Jahres 2013” geben.

Quelle:

  • (1) http://www.unwortdesjahres.net/index.php?id=4