Emotionen statt Änderungswille – der “Soli” wird zum Wahlkampfthema

In Nordrhein-Westfalen (NRW) wird am 13.Mai gewählt und bereits jetzt ist ein Wahlkampfthema in den Medien (z.B. Spiegel Onlline (1)): der “Soli”. Bei aller begründeten Kritik gibt es auch viele Vorurteile, Halbwissen und Fehlinformation, so dass die Diskussion mehr emotional als faktenbasiert geführt wird. So bezahlen alle Steuerzahlen den Aufschlag – auch in Ostdeutschland.

Der Solidaritätszuschlag (2) ist eine Ergänzungsabgabe auf die Lohn-, Körperschafts- und Kapitalertragssteuer und fällt nur dem Bund zu. Dieser verwendet ihn nicht zweckgegebunden, auch wenn der “Aufbau Ost” im Vordergrund stand und steht. Eingeführt wurde der Soliaufschlag 1991 zur Finanzierung des Aufbau Ost mit dem Ziel (annähernd) gleiche Lebensverhältnisse und -qualität im gesamten Bundengebiet zu erreichen.

Neben den zahlreichen Projekten, welche in den fünf neuen Bundesländer realisiert wurden, sind auch diverse Infrastrukturprojekte in den sogenannten alten Bundesländer verwirklicht worden, so z.B. die Autobahnenausbauten der A2, A9, A24 und diverse Bahnstrecken, welche natürlich die Mobilität dienen. Dass allerdings 20 Jahre nach der Einführung immer noch Milliarden abgeführt werden müssen, ist für viele nicht mehr nachvollziehbar. Insbesondere wenn man auf den zahlreichen neuen zum Teil fast leeren sechsspurigen Autobahnen nach Berlin fährt, während auf den Autobahnen im alten Bundesgebiet sich mal wieder der Verkehr staut und in den Städten die Straßen voller Löcher sind. Es wurden in den Medien auch von Brücken in Ostdeutschland berichtet, die keine Zufahrten hatten oder von neuen Häfen, ohne fahrbare Kanäle und Flüsse. Das solche Berichte Meinungen bilden, die für die Abschaffung des Solis sind, ist mehr als verständlich.

Warum allerdings die Politiker und andere Eliten weiterhin an keine ernsthaften Anpassung interessiert sind, bleibt wohl schleierhaft verborgen. Welche Interessen verfolgen die Entscheider damit. Soll vielleicht der Frust gegen den Soli und damit den neuen Ländern geschürt werden? – Dabei ist eine Alternative doch so einfach. Selbst wenn die Einnahmehöhe und -procedere so bleibt, kann der Bund im Sinne der gleichen Lebensverhältnisse im Bundesgebiet die Verteilung gerechter, transparenter und nachvollziehbarer machen. Der Bund müsste einfach einen Kriterienkatalog entwerfen, der die wirtschaftliche Stärke bzw. Schwäche, die Zufriedenheit und die sozialen Chancen (beispielhafte unvollständige Nennung) bewertet, welche mit einer Gewichtung ergänzt werden kann. Die schwächsten (z.B.) 30, 40 oder 50 Prozent erhalten eine Förderungen, welche sich nach der Förderungsnotwendigkeit der genannten Kriterien richten.

Die Erhebungseinheit sind nicht “Himmelsrichtungen” oder Bundesgebiete, sondern Landkreise oder Stadtbezirke. Denn auch in Bayern gibt es strukturschwache Regionen, während man in einigen Teilen Ostdeutschlands, z.B.in Teilen von Potsdam oder um den neuen Flughafen BBI in Schönefeld bei Berlin ähnlich starke Regionen hat wie in in alten Bundesländer. So, werden die Kommunen im Ruhrpott genauso von den Förderungen profitieren wie in z.B. der Uckermark. Allerdings sollte nicht gehofft werden, dass nun ein Ende des “Aufbaus Ost” mit diesem System eintritt. Denn solange die Arbeitslosenquote und das Einkommensniveau so niedrig in der Vielzahl der ostdeutschen Kommunen ist, werden auch weiterhin viele ostdeutsche Kommunen auf die Förderungen angewiesen sein.

Die Umstellung auf ein neues Verteilungsmodell erreicht meiner Meinung nach eine bessere Akzeptanz in ganz Deutschland. Vielleicht ist dies der Schlüssel für eine deutsche Einheit, in der alle bereit sind, dass strukturschwache Landstriche von den wirtschaftlichen “Leuchttürmen” unterstützt werden. Nicht jedoch weil sie´s müssen, sondern mit einem Verständnis für gleiche Lebensbedingungen in ganz Deutschland – so wie es zum Beispiel im Grundgesetz Artikel 107 Abs.2 (3) steht (des Weiteren: “gleichwertige Lebensverhältnis” im Art. 72 Abs 2 GG (4) oder Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Art. 106 GG (5) sowie sozialer Bundesstaat im Art. 20 GG (6).

Quelle:

  • (1) spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,822411,00.html
  • (2) de.wikipedia.org/wiki/Solidaritätszuschlag
  • (3) gesetze-im-internet.de/gg/art_107.html
  • (4) gesetze-im-internet.de/gg/art_72.html
  • (5) gesetze-im-internet.de/gg/art_106.html
  • (6) gesetze-im-internet.de/gg/art_20.html